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Vortrag: „Die Macht des Schönen. Schillers Idee der ästhetischen Erziehung und ihre Aktualität“ von Peter-André Alt
31. Oktober 2019 | 7:00 pm - 10:00 pm
Die Macht des Schönen
Schillers Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen wurden im Jahr 1795 als Reaktion auf die Französische Revolution und deren Umschlag in den Terror veröffentlicht. Die europäische Aufklärung hatte sich von der Erwartung leiten lassen, dass der Mensch durch Vernunft zur Freiheit finden werde. Im Juli 1789 schien der Weg zur Erfüllung dieses Programms mit dem Sturm auf die Bastille frei. Aber nur wenige Jahre später zeigte sich, dass die Hoffnungen einer idealistischen Aufklärung illusionär waren. Denn das Regime der Jakobiner erging sich in Blutorgien und Gewaltexzessen, die man mit kaltem Verstand organisierte. Schillers Programm der ästhetischen Erziehung ist der Versuch, die im Scheitern der Pariser Revolution offensichtlich werdenden Mängel der Aufklärung zu beheben. Es zielt auf eine doppelte Erziehung des Menschen – seine Hinführung zu einem balancierten Zustand zwischen Verstandesorientierung und sinnlicher Kultur. Die zentrale Kategorie dieses Konzepts ist der Begriff des Spiels.
Der Vortrag wird zunächst die Grundelemente der Schillerschen Erziehungsidee entfalten und in einem zweiten Teil fragen, was aus ihnen heute geworden ist. Sind ihre tragenden Annahmen inzwischen widerlegt oder gelten sie fort? Kann man nach zwei Weltkriegen und Hitler-Diktatur noch darauf vertrauen, dass Kunstsinn und Schönheitsliebe unsere Welt retten? Wie viel ästhetische Erziehung brauchen wir im 21. Jahrhundert? Ist es nicht illusionär, in unserer modernen Lebenswirklichkeit an die Macht des Schönen zu glauben? Oder hat Schillers idealistisches Konzept mit seinen hochfliegenden Ambitionen heute eine Chance auf Verwirklichung?
Begrüßung
Peter-Klaus Schuster
Vorstand Stiftung Brandenburger Tor
Vortrag
Peter-André Alt
Präsident der Hochschulrektorenkonferenz,
Präsident der Deutschen Schillergesellschaft
Biografie
Prof. Dr. Peter-André Alt, geb. 1960, studierte Germanistik, Geschichte, Politische Wissenschaften und Philosophie. Die Promotion – im Gebiet Neuere deutsche Literaturwissenschaft – erfolgte 1984, die Habilitation 1993. 1995 wurde Alt auf einen Lehrstuhl an der Ruhr-Universität Bochum berufen; von 2002-2005 hatte er eine Professur an der Universität Würzburg inne, seit 2005 ist er Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte haben ihn nach Cambridge (England), Princeton, Prag, Rom und Triest geführt. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit bilden die Literatur der Frühen Neuzeit, der Weimarer Klassik und der Moderne. Auch einem breiteren Publikum bekannt wurde er durch seine im Verlag C.H.Beck (München) veröffentlichten Biographien zu Friedrich Schiller (2000), Franz Kafka (2005) und Sigmund Freud (2016). 2005 erhielt er den Schiller-Preis der Stadt Marbach, 2009 das renommierte Opus-Magnum-Stipendium der Volkswagen- und Thyssen-Stiftung. 2010-2018 war er Präsident der Freien Universität, seit 2012 ist er Präsident der Deutschen Schillergesellschaft. Seit 1. August 2018 führt er die Hochschulrektorenkonferenz mit 268 Mitgliedseinrichtungen als Präsident.
Abbildung:
Friedrich Schinkel: Altes Museum Berlin, Innere Ansicht der Haupttreppe, Kupferstich & Radierung nach der Zeichnung von 1829, 1858, Staatliche Museen zu Berlin