Die Geschichte der Musik ist auch eine Geschichte von Ordnungssystemen, ihrer Wahrnehmung und ihrer Bedeutung. Töne werden in zeitlicher Dauer und Reihenfolge bestimmt und das Zusammenklingen mehrerer Töne koordiniert. Je nach Ereignisdichte entwickelt sich ein transparentes oder auch ein eher undurchsichtiges Netz ästhetischer und semantischer Verbindungen. Ein komplexes Klangbild wird erzeugt durch die Vermeidung von Wiederholung, von Symmetrien oder Gleichmäßigkeit zugunsten einer permanenten Variation oder Vielgestaltigkeit. Der Grad der Komplexität bestimmt, wie und ob überhaupt die Musik in ihren Details erfasst werden kann. Möchte ein Komponist eine vielstimmige, rhythmisch unregelmäßige Vielgestaltigkeit erzeugen, die den Zuhörer anregt und staunen lässt, ihn aber möglicherweise auch gewollt überfordert? Oder lädt der Komponist zum choralartigen Mitsingen oder Meditieren oder einfach zum klanglichen Genuss ein? Werden wir manchmal getäuscht von einfachen Oberflächen, die in den Details komplex sind? Nehmen wir sehr komplexe Werke am Ende eher emotional wahr als Ton für Ton? Und was ist die ästhetische Idee der Komponisten bei der Erzeugung komplexer Strukturen?
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Komplexität und Musik Vortragskonzert
28. Oktober 2015 | 7:00 pm - 10:00 pm
Komplexität ist zwar ein Begriff aus der Musikästhetik der Gegenwart, als Phänomen ist sie aber bereits in frühen Musikformen wie mittelalterlichen Gesängen präsent. Das Gesprächskonzert beschäftigt sich historisch, kompositorisch und hörend mit Komplexität in der Musik. Eingeladen sind die Musikwissenschaftlerin und Musikpsychologin Prof. em. Dr. Helga de la Motte-Haber, der Schweizer Komponist Michael Pelzel (Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD 2014/2015), dessen Ziel es ist, den Hörer „in einen traumhaften Sog von Farben und Klangströmen zu entführen“ und der Musikredakteur von Deutschlandradio Kultur Rainer Pöllmann. Drei unterschiedliche Kompositionen werden von den Musikerinnen Nora Krahl (Violoncello) und Miako Klein (Blockflöte) dargeboten.
Programm
Begrüßung
Dr. Pascal Decker
Geschäftsführender Vorstand Stiftung Brandenburger Tor
Julia Gerlach
Leitung Musik beim Berliner Künstlerprogramm des DAAD
Musik
John Baldwine (1560-1615)
Upon Re Mi Fa
für Violoncello und Blockflöte
Vortrag
Prof. em Dr. Helga de la Motte-Haber
Musik
Liza Lim (*1966)
Invisibility (2009) für Violoncello solo und zwei Bögen
Gespräch
Rainer Pöllmann und Michael Pelzel
Musik
Michael Pelzel (*1978)
Dance machine (2014, UA der Version für Blockflöte 2015)
Duo für Blockflöte und Violoncello
Empfang
bis 22:00 Uhr
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